Als der einzige – ausgerechnet männliche – Erbe eines noblen Hauses aus Bael‘Undor es wagte, eine Liebschaft mit einer Halb-Eladrin einzugehen, standen zwischen ihm und seinem Tod einzig und allein der Name seines Hauses und seine ehrgeizige Mutter, deren Bestreben es war, ihre noble Blutlinie fortgeführt zu sehen – jedoch auf keinen Fall mit einer unwürdigen Sklavin.
Doch ehe sie diese Sklavin gegen eine angemessenere Frau austauschen konnte, kam es, wie es kommen musste und die Blutlinie wurde fortgeführt. In einer kühlen Vollmondnacht wurde dem verbotenen Paar eine Tochter geboren und es geschah etwas Bemerkenswertes.
Spinnen, die gesegneten Wesen von Lolth selbst, sammelten sich in der Krippe der Neugeborenen, beschützten die Kleine und wichen von da an nicht mehr von ihrer Seite.
Die Matriarchin des Hauses sah dies als Zeichen der Spinnenkönigin selbst – so unglaublich unwahrscheinlich es auch sein mochte, doch dieses Mädchen, aus der Verbindung eines Dunkelelfen und einer Halb-Eladrin, war gesegnet von Lolth. Sie war die Auserwählte einer Göttin. Der Göttin. Getauft wurde das gesegnete Mädchen zu Ehren der Spinnenkönigin auf den Namen Lolthreeshtrayée.
Von nun an wurde Lolthreeshtrayée in Prunk und Privileg aufgezogen, ihre Eltern nicht mehr geächtet, sondern gepriesen. Sie wurde streng und sorgfältig in den Riten und Gebeten von Lolth unterwiesen, erhielt ausgezeichnete Bildung und lernte Etiketten und Bräuche des Drow Adels, als wäre sie eine Prinzessin.
Für die Drow Gesellschaft war sie mehr als das.
Doch während Lolthreeshtrayée älter wurde, begann sie die Art ihrer Erziehung, sowie die Riten und die Ansprüche an sie, mehr und mehr zu hinterfragen, denn nicht mit allem, was sie tun musste, war sie einverstanden.
Zugleich sah sie das ehrenvolle Leben ihrer Eltern und den Stolz der Matriarchin. Sie wollte niemanden enttäuschen und so blieb sie das gelehrsame, fromme und oft auch verwöhnte gesegnete Kind, das darauf vorbereitet wurde, zukünftig eine Herrscherin zu sein.
Eines Tages schnappte sie im Tempel eine Unterhaltung der Priesterinnen auf. Sie sprachen über eine Prophezeiung. Eine Prophezeiung über eine Person, die ein auserwähltes Gefäß göttlicher Essenz sein sollte, eine Person, die das Schicksal der Welt bestimmen konnte. Und die Priesterinnen mutmaßten, dass es sich hierbei um niemand andere handeln konnte als Lolthreeshtrayée.
Das Mädchen war verunsichert. Sollte sie tatsächlich nicht nur Auserwählte der Lolth und designierte Herrscherin der Drow sein, sondern gar die prophezeite Erwählte, erfüllt von göttlicher Essenz? Würde man ihr nun diese Verantwortung auch noch aufbürden? Was würde man ihr noch abverlangen?
Lolthreeshtrayée wusste, dass sie die Antworten darauf nicht in Bael‘Undor, bei der Matriarchin oder im Tempel der Spinnenkönigin finden würde.
Wenn sie Antworten und Freiheit wollte, musste sie selbst danach suchen. Und die Spinnen würden sie begleiten.